Eine einzelne Ratte kann ein intelligentes und süßes Tier sein, sie sind nützliche Versuchstiere, und an gewissen Orten der Welt sind Ratten, die den Abfall des Dorfs essen, ein guter Proteinzusatz zu der Kost.
Im Großen und Ganzen betrachten wir aber die Ratten als ultimativen Schädling mit ihrem großen Appetit auf unsere Lebensmittel, dem Risiko ansteckende Krankheiten zu verbreiten, ihrer imponierenden Anpassungsfähigkeit und ihrem Vermehrungspotenzial.
Es leben zwei Rattenarten in Deutschland. Die Hausratte oder die Dachratte (Rattus rattus) ist im frühen Mittelalter nach Europa gekommen und hat schreckliche Verwüstungen verursacht. Es waren die Flöhe der Hausratte, die die Pest auf die Menschen übertragen und im sechzehnten Jahrhundert die Epedimien, auch „der schwarze Tod“ genannt, verursacht haben, wodurch ein Großteil der Bevölkerung Europas ausgelöscht wurde.
Heute kommt die Hausratte nur selten vor, gelegentlich wird sie mit Schiffsladungen eingeführt und ist dann in Lagerhallen im Hafen zu finden. In Deutschland kann sie im Freien nicht leben.
Im siebzehnten Jahrhundert wurde die Hausratte von der Wanderratte (Rattus norvegicus) verdrängt. Sie stammt aus Ostasien aber verbreitete sich schnell mit Schiffen und zu Fuß. Warum Linné sie nach seinen guten Nachbarn benannte und ihnen den Namen norwegische Ratte gab, weißt man nicht. Die Wanderratte ist größer, aggressiver und anpassungsfähiger als ihr kleinerer Verwandter.
In dem Märchen „die Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ beschreibt Selma Lagerlöf den Krieg zwischen den zwei Rattenarten. Die Sympathie liegt bei den Hausratten und als die Wanderratten versuchen ihren letzten Aufenthaltsort in Schonen einzunehmen, hilft der kleine Nils Holgersson den Hausratten, indem er die Angreifer mit einer kleinen Rattenfängerflöte weglockt. Heute ist es aber die Wanderratte, die in unserem Teil der Welt Problemen macht.
Eine erwachsene Ratte ist um die 45 cm lang und wiegt ungefähr 300g. Oft ist sie dunkel- oder graubraun mit einer helleren Unterseite. Drinnen kann sie sich das ganze Jahr hindurch vermehren, und zwar mit bis zu fünf Würfen. Da es von vier bis zu zwölf Jungen in jedem Wurf gibt, und angesichts der Tatsache, dass die Jungen nur drei Monate brauchen um geschlechtsreif zu werden, ist es einleuchtend, dass es sehr schnell sehr viele Ratten gibt.
Die Ratten sind praktisch Allesfresser. Sie ziehen Getreideprodukte vor aber fressen auch gern Fleisch und können als Raubtier auftreten und nehmen sich u. a. Küken von Hühnerhöfen.
Die Ratten sind insbesondere mit Ställen, Lagerhäusern und Wohnsitzen verbunden. In den Städten gibt es immer einen größeren oder kleineren Bestand von Wanderratten in den Kanalisationssystemen, und die Invasionen sind fast immer auf Kanalratten, die durch einen Bruch hochkommen, zurückzuführen.
Die Wanderratte kommen im Freiland, in Feldhecken, bei Bachufern und nicht zuletzt an Orten zurecht, wo Müll abgeladen wird.
Die Ratten sind scheue Tiere, die vorzugsweise in der Finsternis aktiv sind. Sie trauen sich ungern ins Freie sondern bewegen sich an Wänden und Mauern entlang. Im Gegensatz zu den Mäusen sind sie argwöhnisch gegenüber neuen Sachen und gehen nicht in die erstbeste Falle. Was neues Essen betrifft sind sie auch behutsam, sie kosten erstmal, und wird ihnen davon schlecht, essen sie es nie wieder. Diese Behutsamkeit vor Essen macht es nicht gerade einfacher sie dazu zu bewegen das Gift zu nehmen, das man für sie serviert. Unter anderem wegen ihrer Vermehrungsfähigkeit sind sie imstande relativ schnell Resistenzen gegen die benutzten Gifte zu entwickeln.
Die Ratten fressen was 1/10 ihres Körpergewichtes entspricht, sie beschmutzen die Lebensmittel, sie können Bauteile und Installationen mit ihrem Nagen sogar zerstören und ihre Nagezähne können alles, was weicher als Eisen ist, durchbeißen.
Und nicht zuletzt sind sie gefährliche Krankheitserreger. Durch ihren Urin und ihren Kot können sie die tödliche, aber ziemlich seltene Infektionskrankheit Leptospirose verbreiten, und es besteht kaum Zweifel, dass sie an den Lebensmittelvergiftungen, die auf Salmonellen beruhen, einen Großteil der Schuld tragen.
Es ist deswegen einleuchtend, dass in Rattenbekämpfung viel investiert wird. Es wird nicht einfach dem einzelnen Bürger überlassen. In Deutschland tragen die Kommunen die Verantwortung dafür, während die Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen verpflichtet sind ihr Haus gegen Ratten zu sichern. Zwei Mal pro Jahr werden alle Bauerngüter in den Landzonen von einem Schädlingsbekämpfer untersucht, wogegen man in den Städten nur kontaktiert wird, wenn man einen Rattenbefall der Kommune meldet.
Rattenbekämpfung mit chemischen Mitteln dürfen nur amtlich bestellte Schädlingsbekämpfer und ihre Angestellten durchführen.
Es ist schwierig den Bestand von Ratten gering zu halten, aber die heutigen Probleme sind Kleinigkeiten im Vergleich mit früheren Zeiten. Jeppe Aakjær ist nur einer von vielen, der beschreibt, wie die Ratten in den 1880’er Jahren sein Elternhaus verwüstet haben. Die Kinder lagen in den tiefen Alkoven und haben sich vor den Geräuschen der Ratten gegruselt und nicht selten mit einem Holzstab daneben um die Ratten wegzujagen, wenn sie über der Decke gelaufen sind. Oft sind sie in die Nase gebissen worden.